Es handelte sich um ein Vorhaben mit Beteiligten aus zwei Bundesländern, Baden-Württemberg und Bayern, was bis dahin ein Novum war. Der Grund für dieses Novum lag in den bei der Bundeswehr nicht ungewöhnlichen Versetzungen. Der Bundeswehrbeauftragte für Baden-Württemberg, Oberstleutnant a.D. Christoph Schwarz, hatte in seinen Vormerkungen für Kriegsgräberpflegeeinsätze einen wegen seiner Landes- und einschlägigen Sprachkenntnisse idealen Kommandoführer für Tunesien notiert und dieses so auch an die Bundesgeschäftsstelle gemeldet. Als ihm dann im Winter 2020 tatsächlich ein Einsatz in Tunesien zugeteilt wurde, stellte sich nach dem Anlaufen der Vorbereitungen heraus, dass Leutnant Pattric Hoffarth nach Bayern versetzt würde.
Was machen? Die begonnenen Arbeiten fortsetzen, das Kommando am neuen Standort zusammenstellen und dabei einen möglichst starken Anteil von Soldaten aus Baden-Württemberg berücksichtigen! Der Erfolg gab dieser Strategie recht. Die Mannschaft unter Führung von Leutnant Hoffarth machte sich also statt vom Multinationalen Kommando in Ulm von der IT-Schule der Bundeswehr aus dem bayerischen Pöcking für zwei Wochen nach Bordj Cedria auf und brachte den dortigen Soldatenfriedhof rundum auf Vordermann – ein Unternehmen, das aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwandes nur alle fünf bis zehn Jahre erfolgen kann.
Der Volksbund betreut 832 Soldatenfriedhöfe in 46 Ländern. Das jährliche Gedenken zum Volkstrauertag schließt alle dort bestatteten Opfer von Krieg und Gewalt mit ein. Aber längst nicht auf allen Friedhöfen kann auch eine Zeremonie stattfinden. Das hängt von vielen Faktoren ab. Zum Teil liegen die Gefallenen verstreut auf zahlreichen kleineren Grablagen wie z.B. in Litauen (https://www.volksbund.de/nachrichten/arbeit-gegen-das-vergessen). Dort gibt es zum Teil immerhin einheimische Nachbarn, die nach den Friedhöfen sehen. Ansonsten bemühen sich natürlich die deutschen Auslandsvertretun- gen nach Kräften, zumindest auf ausgewählten Soldatenfriedhöfen mit Gedenkveranstaltungen präsent zu sein (https://www.volksbund.de/nachrichten/von-tunis-bis-minsk-volkstrauertag-international). So auch auf der zentralen Kriegsgräberstätte für Tunesien in Bordj Cedria nahe der Hauptstadt Tunis.
Dort gab es beim letzten Volkstrauertag die Besonderheit, dass ein Arbeitskommando der Bundeswehr in Stärke von neun Soldatinnen und Soldaten diese Gedenkveranstaltung als angetretene Formation und durch Kranzträger unterstützt hat. Es war zugleich der am weitesten von der Heimat entfernt durchgeführte Kriegsgräberpflegeeinsatz im Jahr 2021. Zusammen mit einer Ehrenformation des Gastlandes, die eine eigene Militärkapelle mitbrachte, dem örtlichen deutschen Militärattachéstab, weiterem Botschaftspersonal, Angehörigen der deutschen Community im Land und einheimischen Gästen bildete dies den Rahmen, vor dem der deutschen Botschafter Dr. Peter Prügel, seine Gedenkrede (https://tunis.diplo.de/tn-de/aktuelles/-/2496118) hielt. Bis es allerdings so weit kommen konnte, dass das Kommando von der IT-Schule der Bundeswehr aus dem bayerischen Pöcking unter Führung von Leutnant Pattric Hoffarth in Tunis eintraf, bedurfte es gut einjähriger Vorarbeit. Und wie man sich in diesem zweiten pandemiegeprägten Jahr gut vorstellen kann, verlief nicht immer alles so glatt, wie man es sich gewünscht hatte.
Los ging es damit, dass die Erkundung vor Ort um zwei Monate verschoben werden musste, weil in dem ursprünglich geplanten Zeitraum Tunesien gerade von einer derartigen Intensität des Infektionsgeschehens heimgesucht wurde, dass individuelles reisen dorthin nicht möglich war. Das hatte z.B. Auswirkungen auf die Auswahl der Soldaten mit speziellen Fähigkeiten. Wie sich im Nachgang der verspätet durchgeführten Erkundung nämlich herausstellte, hätte man ein oder zwei im Umgang mit der Kettenmotorsäge ausgebildete Soldaten mit ihrer Schutzausstattung gut gebrauchen können. Aber so kurz vor der Abreise stand das Kommando inklusive Flug-buchung natürlich schon längst fest.
Am 6.November, einem Samstag, ging es dann in aller Frühe vom Flugplatz München aus los. Und erneut warf die Pandemie Sand ins Getriebe: Ausgerechnet der Teilnehmer, der eingeteilt war, die gesamte Kommunikationsmittelausstattung samt professioneller Kamera mitzunehmen, wurde kurzfristig positiv getestet und konnte nicht mitkommen. Daher rührt auch die unrunde Zahl von neun statt zehn Teilnehmern. Der Flug fand in Uniform statt, was überall auf positive Resonanz stieß. Und auch sonst lief es ab da rund: Noch im Zollbereich des Flughafens in Tunis wurde das Kommando durch den Büroleiter des örtlichen Millitärattachéstabes und Angehörige der tunesischen Streitkräfte in Empfang genommen. Das tunesische Verteidigungsministerium sah es nämlich als Ehrensache und selbstverständlichen Ausdruck arabischer Gastfreundschaft an, Unterbringung, Transport und Verpflegung des Kommandos kostenfrei zu übernehmen.