Meldungen aus dem Bezirksverband Oberbayern
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Arbeitseinsatz mit besonderem Höhepunkt

Gedenkveranstaltung zum 30-jährigen Bestehen des deutsch-ungarischen Kriegsgräberabkommens.

Die Reservisten und Soldaten aus Oberbayern und Franken gemeinsam mit ihren ungarischen Kameraden und Kamerardinnen. Wolfgang Christmann

Reservisten der Kreisgruppe Oberbayern-Nord aus Ingolstadt und den umliegenden Landkreisen waren im April zwei Wochen in Ungarn, um einen Arbeitseinsatz auf der Kriegsgräberstätte Székesfehérvár zu absolvieren. Unterstützt wurden sie von zwei aktiven Soldaten des PzPiBtl 8 aus Ingolstadt als Kraftfahrer, zwei Reservisten aus Franken, sowie elf Kameradinnen und Kameraden, ebenfalls Reservisten, des 6.Gyulan Sipos Territorialverteidigungsregiments der ungarischen Streitkräfte.

Auf diesem ungarisch-deutschen Soldatenfriedhof wurden von den beiden Arbeitsgruppen in den zwei Arbeitswochen gemeinsam unterschiedliche Arbeiten ausgeführt. Neben der Holzkonstruktion der Überdachung im Eingangsbereich zum Friedhof wurden Holzbänke, Fahnenmasten, ein Glockenturm und das Hochkreuz abgeschliffen und neu gestrichen. Auf dem ungarischen Friedhofsteil erhielten 123 Totenstelen aus Eiche einen neuen Anstrich. Die meiste Zeit musste für die Erneuerung der Einfärbung der vertieften Inschriften auf den Grabkreuzen aus Granit aufgewendet werden. Die Schriften auf insgesamt 517 Granitkreuzen, zumeist beidseitig, wurden von den Teilnehmern nachgefärbt.

Neben den Arbeiten bekam die deutsche Arbeitsgruppe auch einige Gelegenheiten einen Teil von Ungarn näher kennenzulernen. Da Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) im Mittelalter neben Buda die Krönungsstadt der ungarischen Könige war, wird sie auch „Stadt der Könige“ genannt. Nach einer deutschsprachigen Führung durch die Altstadt der jetzt 100.000 Einwohner zählenden Stadt empfing der Vizebürgermeister Zsolt Lehrner die Teilnehmer, gab ihnen einen Einblick in die Geschichte der Stadt, auch als ihre Rolle als „Soldatenstadt“ und dankte ihnen für ihre Arbeit. Am ersten Wochenende standen Fahrten nach Budapest und an den Plattensee auf dem Programm. An freien Nachmittagen wurden verschiedene Museen und Gedenkstätten besucht, so der Friedenspark in Budaörs, der Militärische Gedenkpark Pákozd als Nationale Gedenkstätte und das Traditionsmuseum des 6. Territorialverteidigungsregiment Gyula Sipos der ungarischen Streitkräfte.

Höhepunkt des Arbeitseinsatzes war zweifellos die Gedenkveranstaltung  anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Kriegsgräberabkommens zwischen Ungarn und Deutschland mit rund 160 Gästen. Tore May, Mitglied des Bundesvorstands des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, zeigte sich in seiner Begrüßungsrede dankbar, dass „wir in den letzten 30 Jahren zusammenarbeiten konnten“. Die deutsche Botschafterin in Ungarn, Julia Gross, war in Begleitung des deutschen Militärattaché in Ungarn, OTL i.G. Daniel Passbach zur Veranstaltung gekommen. In ihrer Begrüßungsrede betonte sie, dass von den Gräbern der Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges die Mahnung ausgehe, dass der Frieden bewahrt werden muss. Am Ende ihrer Rede betonte sie die Bedeutung des Friedens: „Das heutige Gedenken hat uns auch gezeigt, wie privilegiert es uns ist, in Frieden mit der Europäischen Union zu leben. In einer Union, die uns nach den beiden Kriegen erlaubte, in Frieden, Sicherheit und Freiheit zu leben.“

Der Bürgermeister von Székesfehérvár, Dr. András Cser-Palkovics, erklärte, dass das Opfer der Soldaten nur dann eine Bedeutung habe, wenn sich „die katastrophalen Fehler der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts”, nicht wiederholten. Er erinnerte daran, dass jeder einzelne Grabstein, jeder Name auf der Gedenktafel, einen Menschen bedeutet. Einen Menschen der, wie wir heute, Hoffnungen, Ängste und Erwartungen hatte. „Tausende Tote ruhen in Székesfehérvár. Söhne von Nationen und Völkern, die sowohl Helden als auch Opfer sind. Die würdigste Verbeugung vor den Toten hier und auf der ganzen Welt ist Frieden“. Tamás Vargha, der stellvertretende Verteidigungsminister Ungarns, mahnte in seiner Rede: „Heute erinnern wir uns an alle, die im Krieg gegeneinander kämpften, aber im Tod Frieden fanden. In unserer kriegsbelasteten Welt müssen wir klar erkennen, dass wir die Pflicht haben, Frieden und Freiheit zu bewahren!“  Der stellvertretende Generalstabschef der ungarischen Streitkräfte, Generalleutnant Attila Takács erinnerte daran, dass Székesfehérvár am Kriegsende bis März 1945 Schauplatz schwerer Kämpfe war, bei denen viele Soldaten starben und es wichtig sei, dass die nachfolgenden Generationen aus der Geschichte lernten.

Der 22-köpfigen Arbeitsgruppe aus Deutschland und Ungarn wurde für ihre Arbeit und ihren Einsatz auf der Kriegsgräberstätte „Heiliger Geist Friedhof“ gedankt.Nach einer ökumenischen Andacht mit Vertretern der evangelischen und der römisch-katholischen Kirche folgten das Totengedenken und die feierlichen Kranzniederlegungen. Zum Ende der Gedenkfeier spielte ein Solotrompeter das Lied vom „Guten Kameraden“ und den ungarischen Zapfenstreich.

Alles in allem war es ein sehr erfolgreicher, interessanter und abwechslungsreicher Arbeitseinsatz der einen Beitrag zur Instandhaltung der Kriegsgräberstätten als Mahnung zum Frieden und vor allem einen weiteren wichtigen Schritt zur länderübergreifenden Völkerverständigung geleistet hat. Zwischen den ungarischen und deutschen Kameraden entwickelte sich ein herzlicher und freundschaftlicher Zusammenhalt.

Noch von Anfang bis Ende März 1945 versuchte die Wehrmacht in der sogenannten Plattenseeoffensive den Vormarsch der Roten Armee in Richtung Wien zu stoppen. Danach folgte die sowjetische Gegenoffensive. Am 21. März musste das seit Januar 1945 hart umkämpfte Székesfehérvár aufgegeben werden. Der drohende Kessel in dieser Region konnte nur unter hohen Verlusten geräumt werden. Die Wehrmacht zählte in diesem Zeitraum 12.358 Gefallene, Vermisste und Verwundete.

Die deutschen Verluste im Zweiten Weltkrieg in Ungarn betrugen insgesamt ca. 54.000, davon sind 35.000 namentlich bekannt. In 120 Orten ruhten zwei Drittel aller deutschen Gefallenen. Der Volksbund konnte bereits 1987 in Ungarn seine Arbeit aufnehmen und mit der Instandsetzung einzelner Kriegsgräberstätten beginnen. Das Kriegsgräberabkommen zwischen Ungarn und Deutschland wurde dann am 16.11.1993 unterzeichnet und trat im Dezember 1994 in Kraft. Nach Inkrafttreten des Kriegsgräberabkommens folgten die Bergung und Umbettung tausender deutscher Kriegstoter, von denen viele auch nachträglich identifiziert werden konnten. Heute unterhält der Volksbund in Ungarn 16 Kriegsgräberstätten, eine davon in Székesfehérvár. Auf dem deutschen Soldatenfriedhof Székesfehérvár sind derzeit über 2.300 deutsche Kriegstote beigesetzt. Text: Wolfgang Christmann